Ich sage: „Wohnen kostet eigentlich 3,33 Euro/qm im Monat.“ Wie ist das möglich?
In einer einfachen Vergleichsrechnung wird sichtbar, wie der Wohnbau derzeit meist finanziert wird – und wie eine Alternative dazu aussehen kann.
Nehmen wir an, in einer größeren Wohnanlage wird eine 100qm-Wohnung gebaut. Bei Baukosten von € 2.000,-/qm und einem Grundkostenanteil von € 20.000,- kostet die Wohnung insgesamt € 220.000,-. Wir rechnen damit, dass die Wohnung zumindest 50 Jahre lang benutzbar ist.
Wie geht es nun weiter?
DAS ABZAHLUNGSPRINZIPDie herkömmliche (kapitalistische) Rechnung |
DAS KREISLAUFPRINZIPRadikal sozialer Wohnbau mit Vermögenspools |
Die EigentümerInnen haben eine 100qm-Wohnung mit einem Bankkredit finanziert (mit Zinsatz 2,5 % fix auf 25 Jahre). | Die BetreiberInnen haben eine 100qm-Wohnung mit einem Vermögenspool finanziert. Das heißt, sie haben viele Menschen dazu eingeladen, ihr erspartes Geld zinsenfrei aber gegen Wertsicherung in der Wohnhausanlage anzulegen. Im Sinne eines Kreislaufs können diese AnlegerInnen immer wieder wechseln. Die BetreiberInnen haben dadurch keinen permanenten Rückzahlungsdruck. |
Familie A mietet eine 100qm-Wohnung, und zahlt 1.000,- Euro Miete (exkl. Betriebskosten/Steuern/Strom). | Familie B bewohnt eine 100qm-Wohnung und zahlt 333,- Euro Nutzungsgebühr (exkl. Betriebskosten/Steuern/Strom). Ihre Ersparnisse und einen frei zu vereinbarenden monatlichen Sparbeitrag (angenommen 500,- Euro) lassen sie in den Vermögenspool fließen. |
Die 1.000,- Euro Miete verwenden die EigentümerInnen, um ihre monatliche Rate zu zahlen. Davon sind durchschnittlich 733,33 Kredittilgung und 266,67 Zinsen für die Bank. Nach 25 Jahren sind für Kapital und Zinsen 300.000,- Euro an die Bank gezahlt worden. |
Die 333,- Euro Nutzungsgebühr entsprechen genau der Abschreibung für Abnutzung, die sich aus den ursprünglichen Kosten der Wohnung und der Nutzungsdauer ergibt. Damit wird die laufende Instandsetzung und Erneuerung finanziert, sodass der Wert der Wohnung permanent erhalten bleibt. Die 500,- Euro Spareinlage kann Familie B nach Ende des Nutzungsverhältnisses wertgesichert ausbezahlt bekommen. Wertgesichert deshalb, weil auch alle Einzahlungen im Ausmaß des Verbraucherpreisindex laufend erhöht oder gesenkt werden, wie sonst bei einer Miete auch. |
Die Mieter zahlen auch weiterhin 1.000,- Euro/Monat. | Durch die laufenden Einlagen der NutzerInnen im Vermögenspool wird für Rückzahlungen an AnlegerInnen vorgesorgt. |
Wie schaut das nach 50 Jahren aus? |
Was ist mit den 600.000,- Euro passiert, die insgesamt an Mieteinnahmen geflossen sind? | Wo sind dann die insgesamt 500.000,- Euro, die in diesem Beispiel geflossen sind? |
Der Grund hat 20.000,- Euro gekostet und der Bau der Wohnung 200.000,- Euro. Beides wurde mit dem Bankkredit abbezahlt. | Der Grund und die Wohnung sind nach wie vor ein Teil des Vermögenspools. Die „Schuld“ der 220.000,- Euro wurde nie „zurückgezahlt“, es wechselten über die Jahre hinweg lediglich die AnlegerInnen im Vermögenspool und die Anteile der NutzerInnen nahmen zu. |
Die Bank hat 80.000,- für Zinsen bekommen. | Es wurden keine Zinsen bezahlt. |
Über 50 Jahre hinweg ist eine Wohnung eigentlich als komplett verbraucht zu rechnen, wenn sie nicht während der ganzen Zeit auch gut instandgehalten und erneuert wurde. Das entspricht in unserem Beispiel den Baukosten von 200.000,- Euro und wir nehmen an, dass der Eigentümer über die Jahre hinweg diese 200.000,- für Top-Erhaltung, Sanierung und Erneuerung investiert hat. |
Die BetreiberInnen der Wohnung haben diese mit den 333,- Euro/Monat laufend renoviert und erneuert, sodass der Wert der Wohnung erhalten blieb. Insgesamt waren das auch hier 200.000,- Euro. |
Am Ende bleiben den Eigentümern nun 100.000,- Gewinn und 220.000,- als Vermögenswert, der in Grund und Wohnung angelegt ist. Sie konnten sich somit über diese 50 Jahre hinweg ein Vermögen von 320.000,- Euro aufbauen, das letztendlich von ihren MieterInnen finanziert wurde. |
Während der 50 Jahre haben die BetreiberInnen lediglich Ihre Verwaltungstätigkeit durch die Betriebskosten gedeckt und selbst kein eigenes Vermögen aufgebaut. Familie B konnte im Vermögenspool ein „kleines Vermögen“ von 300.000,- Euro (wertgesichert) aufbauen. |
Was ist nun das Fazit? |
Aufgrund dieser „Rentabilitätsrechnung“ steigen die Mieten beständig und wird auch der soziale Wohnbau für die MieterInnen immer teurer. | Durch das Modell des radikal sozialen Wohnbaus wird die Bauwirtschaft angekurbelt, da es einen großen Bedarf für leistbaren Wohnraum gibt. |
Diese Art der Wohnbaufinanzierung bewirkt eine Umverteilung von unten nach oben. | So wird die Umverteilung von unten nach oben gestoppt. |
Genauere Informationen über das Finanzierungsmodell des Vermögenspools gibt’s unter: www.vermoegenspool.at
Wenn ich es recht verstanden habe, Markus, dann besteht der essentielle Unterschied vor allem darin, dass Menschen mit Geldvermögen dieses nicht in konventionelle Rendite-Projekte stecken, sondern es zinsenfrei einem Vermögenspool zur Verfügung zu stellen.
Im ersteren Fall entsteht „arbeitsloses“ Einkommen, etwas was ja für viele als zusätzliche Einkommensquelle im Alter attraktiv erscheint.
Im zweiteren Fall ist das Geld wertgesichert und ethisch hochwertig angelegt, die betreffenden Personen müssten aber bereit sein, auf den erzielbaren Zinsertrag aus der konventionellen Anlage zu verzichten.
Kernfrage: wie kann man Menschen gewinnen, sich für Variante 2 zu entscheiden ?
Hundert Tausende von Menschen stellen derzeit ihr Geld auf den Sparbüchern den Banken um 0,125 Prozent pro Jahr Verzinsung zur Verfügung und erhalten damit nicht nur keine Rendite sondern verlieren Jahr für Jahr von ihrem Kapital. Wenn nur 10 % von ihnen ihr Geld in Vermögenspools geben, werden die weiteren zu gründenden Vermögenspools nur so überquellen vor lauter Geld!!!
Hallo Herr Distelberger.
Haben die unterschiedlichen Quadratmeterpreise Stadt – Land einen wesentlichen Einfluss auf die
3,33 euro/m2 ?
Zum Beispiel kostet hier im schönen Tirol ein sonniges ruhiges Stückerl Land ca. 600.- euro/m2 und nicht 200,- wie in ihrem Beispiel.
Lg Oliver
Nein, hat keinen Einfluss darauf, da die Kosten für den Grund nie zurückgezahlt und daher auch nicht auf die Miete umgelegt werden, sondern nur der Geldanlage in einem Geld- und Vermögenskreislauf nach dem Vermögenspoolprinzip dienen.
Hingegen wirken sich natürlich eventuell höhere Baukosten schon aus, nämlich steigen die 3,33 Euro in selben Verhältnis als die von mir als durchschnittlich von Euro 2.000,– pro Quadratmeter Wohnfläche zugrunde gelegten Baukosten höher sind.
Weiters habe ich eine durchschnittliche Bauqualität mit einer Abschreibungszeit (Lebensdauer) von 50 Jahren zugrundegelegt. Bei kürzerer Abschreibungszeit würde sich natürlich auch die monatliche Belastung entsprechend erhöhen.
Hallo Markus,
gibt es bereits Referenzprojekte in Österreich, die auf diese Art finanziert wurden/werden?
LG Martina
Ja, das erste Referenzprojekt ist unser eigenes Projekt: Garten der Generationen in Herzogenburg http://www.gartendergenerationen.net
dann geht auch das Projekt LebensGut Miteinander in Rohrbach an der Gölsen in diese Richtung.
Einige sind noch in der Startphase.
Bei einem der Wohnprojekte in Wien, die über ein Vermögenspool finanziert werden, beträgt die Nutzungsgebühr bzw. „Miete“ € 9,69 pro m^2, und das nach einer nicht erstattbaren Eintrittsgebühr von fast € 5.000,- pro Mitglied:
http://www.wohnprojekt-wien.at/en/und-du/mitwohnen/was-kostet-das-wohnen.html
In diesem Betrag sind die Betriebskosten zwar inkludiert, aber wieso haben sich die laufenden Kosten gegenüber Ihren Berechnungen fast verdreifacht?
… leider ist es nicht möglich Wohnungen um 2.000/qm zu bauen – wenn dies den reinen Baukostenanteil darstellt ist dies auch schon viel zu gering angesetzt. Es fehlen auch Kostenposten.